Stellungnahme der FWV-Fraktion zum Klimaschutzkonzept für die Große Kreisstadt Öhringen, 27.02.2024
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte
Damen und Herren,
herzlichen Dank an das Team um Herrn Langenecker und Frau Strecker für die Sitzungsvorlage und die erarbeiteten Unterlagen sowie an alle Gemeinderatsfraktionen und alle weiteren Beteiligten für die intensiven Diskussionen in den vergangenen Monaten. Dabei hat sich gezeigt, dass es Gemeinsamkeiten aber auch unterschiedliche Sichtweisen gibt; und gerade das ist die Stärke der Demokratie im Gegensatz zu Unrechtsregimen. Und man muss in der Demokratie auch nicht Konsens um jeden Preis finden; am Ende wird eben abgestimmt, so wie in der heutigen Sitzung.
Wir als FWV orientieren uns bei allen Entscheidungen am Wohl der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger, und nicht an der vermeintlichen Rettung der Welt, die vielleicht in der vom Bund vorgesehenen Art und Weise gar nicht gerettet werden will. Nachhaltigkeit beinhaltet auch finanzwirtschaftliche Nachhaltigkeit und die Stadt hat auch viele andere Aufgaben als den Klimaschutz; daher gilt es bei allen Entscheidungen sorgfältig abzuwägen.
Und vor diesem Hintergrund sehen wir als richtiges Zieljahr zur Erreichung der Klimaneutralität der Stadtverwaltung und auch der Stadt Öhringen frühestens 2040 und nicht 2035 bzw. 2037, die wir für zu ambitioniert halten. Wir stellen hiermit die entsprechenden Anträge.
Zudem merken wir an, dass die Messung der Klimaneutralität mit Schwächen behaftet ist und daher eine genaue Steuerung ohnehin nicht möglich ist.
Die Realität ist nicht nur im Klimabereich komplexer als mancher es sich wünscht und eine Wirkung auf das Klima kann nur im weltweiten Schulterschluss gelingen.
Wie sehen die Klimazieljahre zur CO2-Neutralität von Land, Bund, EU und anderen Staaten aus?
Baden Württemberg: 2040, Deutschland: 2045, EU: 2050, Pariser Klimaschutzabkommen: Erderwärmung auf 2 Grad der vorindustriellen Zeit begrenzen; angestrebt wird weniger als 1, 5 Grad; ein konkretes Datum für Klimaneutralität oder verbindliche Zusagen gibt es nicht.
Und die UN hat 17 SDGs (Sustainable Development Goals) also Ziele für nachhaltige Entwicklung beschlossen, die so weich und auch völkerrechtlich nicht verbindlich sind, dass alle 193 UN-Länder diesen zugestimmt haben, darunter auch die Erdöl-Staaten wie Saudi-Arabien.
Das Baden-Württemberg-Ziel 2040, das wir als FWV-Fraktion mittragen, auch weil es ohnehin gesetzlich verpflichtend ist, ist daher bereits hinreichend ambitioniert. Damit leistet Öhringen seinen Beitrag und wir sind beim Ziel immerhin 10 Jahre vor der EU; das müssen nicht 15 Jahre sein.
Vor dem Hintergrund der weltweiten Klimaziele ist zu fragen: Was bringen unsere Maßnahmen für das Klima?
Kurz- und mittelfristig bringen unsere Maßnahmen leider nichts, weil Deutschland nur 1,8 % der CO2 Emissionen ausmacht (und zudem allein China und die USA (unter Biden) zusammen in 2023 mehr als 1,8 % der Welt-C02 Emissionen zusätzlich ausgestoßen haben, und das wird wohl so weitergehen; von Indien, Vietnam, Indonesien und anderen ganz zu schweigen.
Können wir beim Klimaschutz eine Vorbildfunktion einnehmen? Werden uns andere Länder folgen? Angesichts der negativen wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands aufgrund der deutschen Klimaziele und -maßnahmen werden uns die anderen Länder wohl nicht folgen. Zudem heißt Klimaschutz in vielen Ländern (außer Deutschland und Österreich) im Wesentlichen: Mehr Kernkraftwerke bauen, die Deutschland auch noch z. B. über die EU oder direkte finanzielle Unterstützung (wie bei der Ukraine) finanziert.
Im Ergebnis wird sich der CO2 Ausstoß, egal was wir in Deutschland oder speziell in Öhringen machen, bis 2060 erhöhen und das Klima wird sich wohl verschlechtern. Daher müssen wir in Öhringen auch weiterhin in entsprechende Schutzmaßnahmen, wie den Hochwasserschutz oder die Speicherung von Wasser investieren. Zudem sollten wir – wie bei allen Entwicklungen – auch die Chancen der Klimaerwärmung, wie z. B. eine längere Vegetationsperiode, im Blick halten.
Gleichwohl sollten wir aus FWV-Sicht Maßnahmen zum Klimaschutz vornehmen, aber mit Maß und unter rationaler Abwägung vor dem Hintergrund des Wohls der Stadt Öhringen und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Beim Maßnahmenkatalog erfolgt heute lediglich eine Kenntnisnahme der Ideensammlung, also kein Beschluss; daher bedürfen alle konkreten Maßnahmen auch künftig der Zustimmung des Gemeinderats – und das ist gut so. Gleichwohl wollen wir zu den Maßnahmen kurz Stellung nehmen: Wir sehen verschiedene Maßnahmen positiv, andere lehnen wir ab.
Im Grundsatz stimmen wir allen Investitionen und Maßnahmen zu, die sich auch wirtschaftlich rechnen oder gesetzlich vorgeschrieben sind. Wir fordern, die Maßnahmen, die wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sind, zeitnah zu realisieren. Alle anderen Punkte wollen wir auf dem bisherigen Stand belassen. Beim Maßnahmenkatalog wollen wir nur zu einzelnen Bereichen kurz Stellung nehmen:
Einer interkommunalen Zusammenarbeit stehen wir sehr positiv gegenüber.
Bei den Maßnahmen im Bereich Energie und Wärme sind wir mit unseren Stadtwerken hervorragend aufgestellt. Den Ausbau der Nahwärme und die Holzhackschnitzel-Nutzung im Nahwärme-Bereich sehen wir ausgesprochen positiv; diese fordern wir ja ohnehin bereits seit vielen Jahren.
Die Photovoltaik-Nutzung einschließlich Freiflächen-PV-Anlagen sehen wir ebenfalls sehr positiv. Hier sollten wir deutlich mehr als den geforderten Landesdurchschnitt realisieren, weil wir in weiten Teilen des Stadtgebiets von Öhringen weit überdurchschnittliche Bedingungen für die PV-Nutzung haben.
Bei der Windkraft sieht es anders aus. Das Stadtgebiet ist bis auf wenige Ausnahmen aufgrund der geringen Windhöffigkeit ungeeignet. Die geeigneten Standorte an der Gemarkungsgrenze zu Waldenburg sind bereits in Planung. Hier stehen wir zu den Beschlüssen. Weitere Windräder im Naturschutzgebiet Viehweide lehnen wir ab. Auf der Öhringer Gemarkung könnten allenfalls einzelne Flächen an der Gemarkungsgrenze zu Hardthausen für eine Windkraft-Nutzung Sinn machen; eine diesbezügliche Prüfung würden wir mittragen. Im Gegensatz zum Raum Öhringen sind die Bedingungen für Windräder in anderen Teilen der Region Heilbronn-Franken, z. B. im Raum Crailsheim oder östlich von Schwäbisch Hall, ausgesprochen gut. Daher sollten in Öhringen in überdurchschnittlichem Umfang Freiflächen-PV und in den genannten anderen Teilen der Region Heilbronn-Franken vor allem Windräder realisiert werden. Einzelne Mitglieder unserer Fraktion gehen hier noch weiter und halten Windräder nur Offshore, also auf dem Meer, für sinnvoll.
Angesichts der sich in den nächsten Jahren vor allem durch Ursachen von außen abzeichnenden Haushaltrisiken und der zu erwartenden ohnehin steigenden Personalkosten sehen wir es nicht als sinnvoll an, weitere Personalstellen im Bereich der Klimamaßnahmen zu schaffen.
Genau wie der städtische Haushalt dürfen auch unsere Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden.
Soweit einige wichtige Eckpunkte zu den Maßnahmen.
Im Beschlussvorschlag 4 nehmen wir heute die Fertigstellung des Berichts zum integrierten Klimaschutzkonzept und dessen Veröffentlichung zur Kenntnis. Die im Beschlussvorschlag 2 vorgesehene künftige Klimaberichterstattung will die FWV-Fraktion sehr schlank halten. Eine kurze Berichterstattung im mehrjährigen Turnus ist unseres Erachtens hinreichend, zumal das Messkonzept ohnehin Schwächen aufweist. Hier müssen wir darüber hinaus vor allem einem weiteren zu großen Bürokratieaufbau entgegenwirken.
Wichtig ist uns, dass wir jetzt ins Doing bezüglich der wirtschaftlich und ökologisch sinnvollen Maßnahmen kommen. Dies sehen wir als zentrale künftige Aufgabe unserer Klimaschutzmanagerin. Unsere Fraktion ist bei den Klimaschutz-Maßnahmen im Übrigen seit vielen Jahren aktiv, so habe ich schon vor über 10 Jahren das Bioenergiedorf Untermaßholderbach und eine Energiegenossenschaft mit Sitz in Öhringen-Ohrnberg maßgeblich mit initiiert und aufgebaut und bin dort bis heute in der Leitung bzw. als Aufsichtsratsvorsitzender tätig. Am Ende zählen nicht Pläne und Konzepte, sondern es zählt allein das Tun.
Wenn wir wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zeitnah realisieren, können wir nicht nur die Abhängigkeit von Energieimporten senken und etwas für das Klima tun, sondern zusätzlich in Öhringen Wertschöpfung und wirtschaftliche Chancen realisieren und vielleicht doch ein Vorbild für andere Länder sein, den Weg in Richtung Klimaschutz mitzugehen und der Klimaerwärmung mittel- bis langfristig entgegenzuwirken.
Wir bitten um Zustimmung zu unseren Anträgen bezüglich Beschlussvorschlag 1 und 2.
Herzlichen Dank.